Es gibt viele Worte, die durch ihre Nutzung in den unterschiedlichsten Kontexten nicht bedeutungsvoller, sondern inhaltsleer geworden sind. „Nachhaltigkeit“ ist einer davon. Jeder verwendet das Wort, um sein Image aufzupolieren, um etwas besser darzustellen, als es eigentlich ist. „Greenwashing“ könnte man es auch nennen. So zum Beispiel verwendet die Modemarke H&M das Wort Nachhaltigkeit, hat sogar eine riesige PR-Website zum Thema Nachhaltigkeit. Wenn man es nüchtern betrachtet, kann die Modebranche nicht nachhaltig sein. Die Unternehmen zielen natürlicherweise auf Gewinn ab und müssen Umsatz machen. Was bringt es ihnen also, wenn ihre Produkte nachhaltig sind? Sie können weniger verkaufen. Eine Slow-Mode-Industrie ist schädlich für die Unternehmen. Gleichzeitig verbessert es aber natürlich auch das Image einer Modemarke, wenn sie sich damit brüsten kann, dass ihre Produkte ökologisch nachhaltig produziert werden, einen langen Lebenszyklus haben und auch die Mitarbeiter und Lieferanten ordentlich bezahlt und geschützt werden. Nachhaltigkeit in der Modebranche kann dazu führen, dass Unternehmen sich mehr auf die Finger schauen lassen müssen. Sie werden überprüft, am besten durch unabhängige Prüfer und durch achtsame Kunden. Dadurch werden Unternehmen gezwungen, immer mehr in ihre Nachhaltigkeitsstrategie zu investieren. Außerdem ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor für Investoren, denn viele investieren eher in ein nachhaltiges Unternehmen, als in eines das nur Greenwashing betreibt oder sich dem Ganzen komplett entzieht.
Immerhin: Seit 2018 müssen die größten Unternehmen in der EU (bzw. alle, die mehr als 500 Mitarbeiter haben) ihre nicht-finanziellen Zahlen genauso offenlegen, wie ihren Finanzbericht. Informationen, die sie veröffentlichen müssen sind: Umweltschutz, Soziale Verantwortung und der Umgang mit den Mitarbeitern, Menschenrechte, Anti-Korruption und Bestechung, sowie Diversität im Vorstand. Vorstöße, wie dieser durch die Europäische Kommission sind ein Schritt in Richtung mehr Nachhaltigkeit in der Wirtschaft. Dabei wird nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit bedacht, sondern auch soziale Aspekte, die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter und Kunden und ökonomische Faktoren. Wie kann man sich als Kunde nun aber informieren, ob die Marke, bei der ich einkaufen möchte wirklich möglichst nachhaltig ist? Natürlich ist eine erste Anlaufstelle die Website der Firma und hier im Speziellen die Informationen über die Nachhaltigkeitsstrategie. Ganz leicht ist es dabei trotzdem nicht, herauszufinden, ob ein Unternehmen beispielsweise Nachhaltigkeitsziele wirklich erreicht hat, oder nicht. Die Video-Bloggerin Verena (Erin) Polowy „My Green Closet“ hat dazu ein Video auf ihrem YouTube-Kanal ein Video gepostet. Während die Firmen den Kunden offenlegen sollten, was sie tun und was nicht, sollten Kunden mündig und verantwortlich handeln. Das heißt, sich nicht von reinen PR-Maßnahmen blenden lassen und sich wirklich informieren, bevor sie etwas kaufen.

Nachhaltigkeit in der Modebranche ist ein Idealziel, das schwer zu erreichen ist. Wer wirklich nachhaltige Kleidung kaufen will, der muss sich an anderen Orten umsehen. Bei Secondhand oder Vintage-Läden zum Beispiel. Kleidung, die nicht auf der Müllhalde, sondern in einem Secondhand-Laden landen, sind der Schritt in Richtung nachhaltiger Kleiderschrank. Wer neue Kleidung kauft, bringt immer neue Produkte in den Umlauf. Kleidungsstücke sind außerdem einem hohen Grad an Verschleiß ausgesetzt. Sie werden getragen, gewaschen, getrocknet und dann alles wieder von vorn. Nähte gehen auf, Knöpfe fallen ab und so weiter. Das bedeutet aber noch nicht, dass das Kleidungsstück in den Müllsack gehört. Kleidung reparieren (lassen) hilft dabei, nachhaltiger mit Mode umzugehen.
Nachhaltige Materialien sind eine weitere Möglichkeit, so wenig Kleidungsmüll wie möglich zu produzieren. Jedes Kleidungsstück hat (auch nach mehrmaligem Reparieren) irgendwann ein Lebensende. In der Modebranche wird aber immer mehr daran gearbeitet, aus einem linearen Lebensweg einen Lebenszyklus zu machen. Produkte aus natürlichen Materialien können kompostiert oder recycelt werden. „Cradle to Cradle“ heißt der Ansatz: Alle Ressourcen sollen am Ende des Lebens wieder in den biologischen oder den technischen Kreislauf zurückgeführt werden.
Der Biologische Kreislauf umfasst Materialien, die gesundheitsverträglich und kompostierfähig sind und dadurch am Ende ihrer Nutzung als biologische Nährstoffgrundlage neues organisches Wachstum ermöglichen.
Produkte aus PET-Flaschen oder anderem Plastik aus dem Meer dagegen sind zwar eine gute Möglichkeit, kleine Teile aus diesem umweltverschmutzenden Material wiederzuverwerten, jedoch schwierig zu recyceln und es bleibt immer die Frage, wie sicher diese Produkte für die Kunden sind. PET mit BPA auf der Haut zu tragen klingt schließlich weniger gesund. Außerdem ist die Herstellung von für Kleidung verwertbarem Material aus PET-Flaschen mit einem hohen Energieaufwand verbunden, damit nicht nachhaltig und nur Marketing, wie der Textilforscher Kai Nebel von der Hochschule Reutlingen Spiegel Online erklärt.

Es wird aktuell aber an immer mehr natürlichen Materialien geforscht, die die Kleidung nachhaltiger machen sollen. Beispielsweise Leder aus Ananas-Blättern, das Tierhäute ersetzen kann. Baumwolle ist ebenfalls eine Faser, die kompostiert werden kann. Hier kommt jedoch wieder der Faktor der Energieaufwendung bei der Aufbereitung ins Spiel. Baumwolle benötigt viel Wasser. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen in der Baumwolle-Herstellung häufig sehr schlecht. Deshalb gibt es zertifizierte Bio-Baumwolle, die besonders kontrolliert wird. Bis diese natürlichen Materialien jedoch flächendeckend zum Einsatz kommt, ist es noch ein weiter Weg. Außerdem sind diese Materialien häufig sehr teuer – nicht jeder kann sich diese bislang noch teuren Produkte leisten. Konsumenten scheinen manchmal wenig Macht zu haben, wenn es um solche großen Veränderungen geht. Aber eigentlich haben sie mit ihren Kaufentscheidungen einen Stimmzettel in der Hand, mit dem sie wählen können. Auf dem Markt gilt noch immer: Die Nachfrage bestimmt das Angebot – denn wenn nur noch die Nachfrage nach nachhaltig produzierter Kleidung besteht, gibt es keinen Markt mehr für Fast-Fashion.
Lisamarie Haas